Ist bundesweites Stadionverbot rechtmäßig?

"Der Ausspruch eines bundesweiten Stadionverbots ist von dem Hausrecht des Veranstalters gedeckt, wenn ein sachlicher Grund besteht; ein sachlicher Grund besteht dann, wenn aufgrund von objektiven Tatsachen, nicht aufgrund subjektiver Befürchtungen, die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen sind." So der Bundesgerichtshof im Urteil vom 30.11.2009, V ZR 253/08.

 

Nach Spielschluss des Bundesligaspiels am 25. März 2006 in Duisburg kam es zwischen einer Gruppe von ca. 100 Fans der Gästemannschaft und Anhängern der Duisburger zu Auseinandersetzungen, bei denen mindestens eine Person verletzt und ein Auto beschädigt wurde. Gegen einen der im Rahmen des Polizeieinsatzes in Gewahrsam genommenen Fans der Gästemannschaft sprach der Duisburger Verein mit Schreiben vom 18. April 2006 ein bis zum 30. Juni 2008 befristetes Betretensverbot für das Stadion des Duisburger Vereins und sämtliche Fußballveranstaltungsstätten in Deutschland (bundesweites Stadionverbot) für nationale und internationale Fußballveranstaltungen von Vereinen bzw. Tochtergesellschaften der Fußballbundesligen und der Fußballregionalligen sowie des Deutschen Fußballbundes (DFB) aus.

 

Der mit diesem Verbot belegte Fan der Gästemannschaft wehrte sich, zunächst beim Amtsgericht Duisburg, anschließend in der Berufung beim Landgericht Duisburg und zuletzt auch beim Bundesgerichtshof, aber jeweils vergeblich.

 

Der BGH bestätigt die Auffassung des Landgerichts, dass die Befugnis des gastgebenden Vereins zum Ausspruch des bundesweiten Stadionverbots aus seinem Hausrecht und aus dem Hausrecht der übrigen Vereine der Fußballbundesligen und der Fußballregionalligen folgt, die sich in den DFB-Richtlinien gegenseitig zum Ausspruch des Verbots bevollmächtigt haben.

 

Die Verhängung eines Hausverbots bezweckt, potentielle Störer auszuschließen, die die Sicherheit und den reibungslosen Ablauf von Großveranstaltungen wie einem Liga-Fußballspiel gefährden können.

 

Und dass es gegen den Fan der Gästemannschaft zur Einleitung eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens wegen Landfriedensbruch gekommen war, wertet der BGH als objektive Tatsache, aufgrund der die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch diesen Fan zu besorgen sind.

 

 

Bemerkung: Schlechte Kinderstube schadet, oder:

                    Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!

 

 

 

 

 

Kosten der Reinigung des Öltanks einer Heizung?

Ein Mieter klagte gegen seinen Vermieter auf Rückzahlung des in der Betriebskostenabrechnung enthaltenen auf seine Wohnung entfallenden Anteils für die im Abrechnungszeitraum durchgeführte Reinigung des Öltanks der Heizungsanlage.

 

Das Amtsgericht Wiesloch und in der Berufung das Landgericht Heidelberg haben die Klage abgewiesen. In der Revision hat der Bundesgerichtshof dieses Ergebnis mit Urteil vom 11.11.2009, VIII ZR 221/08, bestätigt. Die Leitsätze des Urteils lauten wie folgt:

 

a) Wiederkehrende Kosten der Reinigung des Öltanks einer Heizungsanlage

    sind umlagefähige Betriebskosten.

b) Betriebskosten, die nicht jährlich sondern in größeren zeitlichen Abständen wiederkehren,

    können grundsätzlich in dem Abrechnungszeitraum umgelegt werden, in dem sie

    entstehen.

 

Der Kläger hatte argumentiert, die wiederkehrenden Kosten der Öltankreinigung seien Instandhaltungskosten und deshalb nicht als Betriebskosten umlagefähig.

Dem hält der BGH entgegen: "Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung werden durch Reparatur und Wiederbeschaffung verursacht oder müssen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs aufgewendet werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen; Instandsetzung und Instandhaltung betreffen deshalb Mängel an der Substanz der Immobilie oder ihrer Teile. Regelmäßig durchzuführende Maßnahmen etwa zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit einer technischen Anlage gehören dagegen nicht zur Instandhaltung."

Und anschließend: "Für die von Zeit zu Zeit erforderlich werdende Reinigung des Öltanks gilt nichts anderes. Sie dient nicht der Vorbeugung oder Beseitigung von Mängeln an der Substanz der Heizungsanlage, sondern der Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit und stellt damit -ebenso wie andere regelmäßig durchzuführende Reinigungsarbeiten an der Heizungsanlage- keine Instandhaltungsmaßnahme dar."

Zum weiteren Argument des Klägers, weil es sich bei Tankreinigungskosten lediglich um in regelmäßigen Abständen von mehreren Jahren entstehende Kosten handele, also nicht um "laufend entstehende", dürften sie schon deshalb nicht umgelegt werden, sagt der BGH, dass wenn das Reinigungsintervall zwischen 5 und 7 Jahren liegt, ein solcher mehrjähriger Turnus ausreicht, um die wiederkehrenden Belastungen mit Tankreinigungskosten als laufend entstehende Kosten anzusehen.

Und schließlich bestätigt der BGH seine frühere Rechtsprechung, dass im Turnus von mehreren Jahren anfallende Kosten grundsätzlich in dem Abrechnungszeitraum umgelegt werden dürfen, in dem sie entstehen, wenn damit keine in unbilliger Weise erhebliche Belastung des Mieters verbunden ist.

 

 

Bemerkung: Die Reinigung des Heizöltanks einer Heizungsanlage ist ebensowenig

                   Reparatur oder Instandhaltung wie Wagenpflege innen eines Pkws.

                   

Entschädigung für Flugausfall wegen Defektes am Triebwerk?

Ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Lettland hatte einen Flug von München nach Vilnius angeboten, der etwa 30 Minuten vor dem geplanten Start in München wegen eines Defektes an einem Triebwerk, der im Rahmen einer Tagesinspektion entdeckt wurde, annulliert wurde. Nach entsprechender Umbuchung wurden die Fluggäste über Kopenhagen nach Vilnius geflogen, wo man mehr als sechs Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit eintraf.

Einer der Fluggäste klagte deshalb beim Amtsgericht Erding, in dessen Zuständigkeitsbereich der Flugplatz München liegt, auf eine Entschädigung in Höhe von € 250,00 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen.

Das Amtsgericht Erding sprach dem Kläger diese Entschädigung zu. Auf die Berufung des Luftfahrtunternehmens hat das OLG München das amtsgerichtliche Urteil mit der Begründung aufgehoben, das Amtsgericht Erding sei für die Sache nicht zuständig, zuständig sei vielmehr das Gericht in Riga, wo das Luftfahrtunternehmen seinen Geschäftssitz hat. Wegen der Zuständigkeitsfrage hat das OLG München die Revision zugelassen.

Der klagende Fluggast erreichte daraufhin beim Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.11.2009, Xa ZR 76/07, der zuvor wegen der Zuständigkeitsfrage eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs eingeholt hatte, dass das für den Flughafen München zuständige Amtsgericht zuständig ist und dass auch die vom Amtsgericht zugesprochene Entschädigung vom Luftfahrtunternehmen bezahlt werden muss.

Das Luffahrtunternehmen wäre nur dnn nicht zur Ausgleichszahlung verpflichtet, wenn es nachweisen könnte, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, und wenn es sich um ein Vorkommnis gehandelt hätte, das aufgrund seiner Natur oder Ursache vom Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen wäre.

 

Der BGH kommt zum Ergebnis, dass technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs typischerweise auftreten, grundsätzlich keine solchen außergewöhnlichen Ausnahmeumstände begründen, und zwar auch dann nicht, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsabreiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat, weil solche Defekte als Teil der normalen Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens anzusehen sind.

 

Bemerkung: Hätte man als Fluggast in Söllingen vergleichbaren Ärger mit

                    einem in Irland ansässigen Luftfahrtunternehmen, und würde

                    es sich um einen Flug innerhalb der EU handeln, wäre für eine

                    Klage gegen das Luftfahrtunternehmen, sollte es eine Entschädigung

                    nicht bezahlen wollen, das Amtsgericht Bühl zuständig.

 

 

 

 

Wirksamkeit der Betriebskostenabrechnung

Eine Wohnanlage hat 35 Wohnungen. Davon sind 34 jeweils Sondereigentum, die 35., die ursprüngliche Hausmeisterwohnung, steht im gemeinschaftlichen Eigentum. Der Mieter der 35. Wohnung bekam rechtzeitig für den Abrechnungszeitraum 2004 innerhalb der Abrechnungsfrist von einem Jahr ab Ende des Abrechnungszeitraums eine Betriebskostenabrechnung, in der für die Kosten der Hausbetreuung als Verteilerschlüssel "HB-KOSTE" angegeben ist und als Gesamtmenge "34,0" sowie als sein Anteil "1,0". Bezüglich der Betriebskosten für Telefon, Gartenpflege, Putzmittel, Gewässerschaden Vers., Haftpfl.-LW-Vers., Brand/Sturm Vers., Aufzugswartung/TÜV enthält die Abrechnung nur die auf ihn entfallenden Einzelbeträge, aber nicht den jeweiligen Ausgangsbetrag. Der Mieter verweigerte die Zahlung der vorerwähnten Positionen mit dem Argument, der Abrechnung fehle jeweils die formelle Wirksamkeit.

 

Die Sache ging vom Amtsgericht Öhringen übers Landgericht Heilbronn bis zum Bundesgerichtshof.

 

Mit Urteil vom 19. November 2008, VIII ZR 295/07, bestätigte der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Landgerichts Heilbronn, das dem Mieter Recht gab, weil

- bezüglich der Kosten der Hausbetreuung der Verteilerschlüssel "HB-KOSTE" für sich

  gesehen mangels weiterer Erläuterung unverständlich und zudem der Umlage-

  schlüssel nicht eindeutig ist, wenn angesichts vorhandener 35 Wohnungen als An-

  teil des Mieters "1,0" von einer Gesamtmenge "34,0" angegeben wird,

- der Mieter bei den Positionen Telefon etc. wegen Fehlens der jeweiligen Ausgangs-

  beträge nicht nachprüfen kann, ob die Einzelbeträge richtig sind.

 

Der Bundesgerichtshof sieht die Beurteilung des Landgerichts im Einklang mit seiner ständigen Rechtsprechung, wonach eine Betriebskostenabrechnung formell ordnungsgemäß ist, wenn sie bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben enthält: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug seiner Vorauszahlungen. Dabei soll eine Abrechnung den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Erforderlich ist dafür, dass der  Mieter erkennen kann, wie (in welchen Rechenschritten) die Umlage der Betriebskosten erfolgt ist. Abzustellen ist dabei auf das Verständnis eines durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters.

 

Im Urteil vom 19. November 2008 stellt der Bundesgerichtshof ergänzend klar, dass die formelle Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung sich danach richtet, ob der  Mieter in der Lage ist, die Art des Verteilerschlüssels der einzelnen Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an den Gesamtkosten rechnerisch nachzuprüfen (formelle Wirksamkeit).

 

Fehlt es bei einer Kostenposition an solcher formeller Wirksamkeit und bessert der Vermieter nicht innerhalb der Jahresfrist nach, schuldet der Mieter diese Kostenposition nicht.

 

Bemerkung: Eine Betriebskostenabrechnung muss in allen Einzelheiten nachvoll-

                    ziehbar und nachrechenbar sein.

 

 

 

 

Eigenbedarf für Nichten und Neffen

Ein Vermieter von Wohnraum kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt, so geregelt in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, also Kündigungsbefugnis des Vermieters bei drei Arten Eigenbedarf.

 

Im Sommer 2004 übersiedelte eine damals 85-jährige alte Dame, verwitwet und kinderlos, aus ihrer Eigentumswohnung in B. in eine nahegelegene Seniorenresidenz und vermietete die Wohnung ab September 2004. Im August 2007 übertrug die alte Dame in vorweggenommener Erbfolge das Eigentum an der Wohnung schenkungsweise auf ihre in W. wohnende Nichte, behielt sich aber den Nießbrauch an der Wohnung vor, und es verpflichtete sich die Nichte, auf Lebenszeit den Haushalt der Tante in der Seniorenresidenz zu versorgen und die häusliche Grundpflege der Tante zu übernehmen. Zur Sicherung dieser Verpflichtung wurde zusätzlich vereinbart, dass die Nichte beabsichtigt, in die Eigentumswohnung zu ziehen, so dass es ihr, der Nichte, räumlich möglich wird, die Pflegeverpflichtung persönlich  zu erfüllen. Um diese Regelung zwischen Tante und Nichte in die Tat umzusetzen, kündigte die Tante den Mietern am 14.03.2008, begründet u.a. mit Eigenbedarf aufgrund der Pflegevereinbarung. Die Mieter ließen es auf eine Räumungsklage ankommen. Am 22.05.2008 erlitt die alte Dame einen Schlaganfall und ist seither dauerhaft pflegebedürftig. Die erforderliche Betreuungspflege wird durch die Seniorenresidenz in überdurchschnittlichem Maße erbracht.

 

Vor dem Amtsgericht und anschließend dem Landgericht Baden-Baden ging es um die Fragen, ob Eigenbedarf der alten Dame zu bejahen sei, weil sie die Nichte für ihren Haushalt benötige, und ob für die Nichte Eigenbedarf schon bereits als Familienangehörige bestehe. Das Landgericht argumentierte, die betagte, seit mehreren Jahren in dem Seniorenstift lebende alte Dame sei nicht darauf angewiesen, gerade durch ihre Nichte (ergänzend) gepflegt zu werden, es werde der alten Dame in der Seniorenresidenz die erforderliche Betreuungspflege in überdurchschnittlichem Maße zuteil. Eine Notwendigkeit für eine Pflege durch die Nichte bestehe ersichtlich nicht. Die Nichte zähle auch nicht zum Kreis derjenigen engen Familienangehörigen eines Vermieters, die in § 573 Abs. 3 Nr. 2 BGB gemeint seien. Der dortige Begriff des Familienangehörigen sei einschränkend auszulegen, weshalb zwischen engen Familienangehörigen und denjenigen, die mit dem Vermieter nur weitläufig verwandt oder verschwägert sind, zu unterscheiden sei; bei einer Nichte handele es sich nicht um eine enge Familienangehörige des Vermieters im Sinne der Eigenbedarfsregelung des Mietrechts.

 

Nachdem das Landgericht die Revision gegen sein Urteil zugelassen hat, entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 27.01.2010, VIII ZR 159/09, zugunsten der alten Dame, dass auch leibliche Nichten und Neffen des Vermieters kraft ihres nahen Verwandtschaftsverhältnisses zum Vermieter Familienangehörige im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind.

 

Deshalb verurteilte der Bundesgerichtshof die Mieter als Gesamtschuldner zur Herausgabe der ihnen von der alten Dame vermieteten Wohnung, wobei den Mietern eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2010 eingeräumt ist.

 

 

Bemerkung: Mein Landgericht dürfte gewusst haben, weshalb es die Revision

                    zugelassen hat, zumal die Nichte in vorweggenommener Erbfolge

                    bereits Eigentümerin ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Handy-Verbot für Festnetz-Mobilteil?

Ein Porsche-Fahrer (nachfolgend: der Betroffene) befuhr am 26.11.2008 um 12:21 Uhr in Bonn die Adenauer Allee in Fahrtrichtung Friedrich-Ebert-Allee und führte in seiner Jackentasche sein mobiles Telefon seiner Hausfestnetzanlage T-Com Sinus 102 K (schwarz-silber) mit sich. Dieses Telefon gab einen Piepton ab, woraufhin der Betroffene es aus seiner Jackentasche nahm, es ansah, an sein Ohr hielt, es nochmal ansah und wiederum an sein Ohr hielt. Hierbei wurde der Betroffene von Polizeibeamten beobachtet, die eine gezielte Handy-Kontrolle durchführten. Der Porsche ist mit einer Freisprecheinrichtung für Handys ausgerüstet. Bei der sich anschließenden Kontrolle zeigte der Betroffene dem Polizeibeamten das mobile Telefon seiner Hausfestnetzanlage. Die Entfernung zwischen der Kontrollstelle und der Wohnung des Betroffenen beträgt in etwa 3 km. Aufgrund dieser Entfernung hätte kein Telefonat über den Festnetzanschluss des Betroffenen geführt werden können.

 

Die Polizeibeamten zeigten an wegen Verstoßes gegen das Handy-Verbot.

 

Das Amtsgericht Bonn verhängte mit Urteil vom 05.06.2009 eine Geldbuße von

€ 40,00.

 

§ 23 Abs. 1a StVO lautet so:

 

   "Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons

    untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons

    aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahr-

    zeugen der Motor ausgeschaltet ist."

 

Das Amtsgericht Bonn schreibt in seinem Urteil, das mobile Telefon der Hausfestnetzanlage sei ein Mobiltelefon im Sinne dieser Vorschrift.

 

Der Betroffene ging dagegen  zum Oberlandesgericht Köln in die Rechtsbeschwerde.

 

Und zwar mit Erfolg.

 

Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss vom 22.10.2009, 82 Ss-OWi 93/09, das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Betroffenen freigesprochen.

 

Das Oberlandesgericht Köln kommt zum Ergebnis, dass das vom Betroffenen mitgeführte und während der Fahrt aufgenommene Gerät kein Mobil- oder Autotelefon im Sinne der vorstehend zitierten Vorschrift ist und begründet dies damit, dass der Gesetzgeber, als er am 11.12.2000 in die Straßenverkehrsordnung den oben zitierten § 23 Abs. 1a einführte, um den "Gefahren des Telefonierens am Steuer" zu begegnen, lediglich solche Geräte gemeint hat, die gemeinhin "Handy" genannt werden, nicht auch sonstige Schnurlostelefone.

 

Bemerkung: Es darf nicht mehr in ein Gesetz hineingelesen werden,

                    als der Gesetzgeber mit ihm bezweckt hat.

 

 

 

 

Erbschaftsausschlagung - "Hartz IV"

Von zwei Brüdern, zu je 1/2 die Erben ihrer Mutter, die eine Erbschaft im Werte von 50.000,00 € hinterlassen hat, ist der eine gesund. Der andere ist infolge eines Verkehrsunfalls schwerstbehindert, lebt in einem Heim und besucht eine beschützende Werkstatt, wofür ihm im Wege eines Zuschusses Sozialhilfe geleistet wird.

 

Für den schwerstbehinderten Bruder ist eine Betreuung u.a. mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge eingerichtet. Zur Regelung der Nachlassangelegenheit ist ein Onkel der Brüder zum Ergänzungspfleger bestellt. Er erklärte für den Betreuten die Ausschlagung der Erbschaft, was zur Folge gehabt hätte, dass der gesunde Bruder nicht lediglich die Hälfte der Erbschaft sondern die gesamten 50.000,00 € bekommen hätte, und beantragte beim Vormundschaftsgericht die Genehmigung der Ausschlagung.

 

Mit dem Antrag wurde ein Vertrag zwischen den Brüdern vorgelegt, in dem sich der gesunde Bruder verpflichtet, dem schwerstbehinderten im Hinblick auf die Ausschlagung und vorbehaltlich der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung "nach billigem Ermessen solche Geld- und Sachleistungen zukommen zu lassen, die zur Verbesserung seiner Lebensqualität beitragen, auf die der Sozialhilfeträger aber ... nicht zugreifen kann und die auch nicht auf die ... gewährten Sozialleistungen anrechenbar sind."

 

Das Vormundschaftsgericht hat die Genehmigung der Ausschlagungserklärung mit der Begründung verweigert, dass diese sittenwidrig sei.

 

Gegen diese Entscheidung prozessierte der Ergänzungspfleger. In letzter Instanz bestätigte das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 16.07.2009 - I-15 Wx 85/09 - die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts. In den Gründen wird u.a. ausgeführt:

 

     Die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft, die dazu führt, dass die

     ansonsten vorübergehend wegfallende Sozialhilfebedürftigkeit des  vor-

     läufigen Erben fortbesteht, verstößt gegen die guten Sitten, wenn nicht

     ausnahmsweise legitime Interessen des Erben geeignet sind, die Ausschla-

     gung nachvollziehbar zu motivieren.

 

     Derjenige, der sich in der Situation befindet, dass er auf Sozialleistungen

     angewiesen ist, nimmt für sich die durch das Sozialstaatsprinzip verbürgte

     Solidarität der staatlichen Gemeinschaft in Anspruch. Nimmt er in dieser

     Situation einen ihm angetragenen Vermögenserwerb nicht wahr, so ver-

     weigert er umgekehrt der Gemeinschaft eben diese Solidarität, indem

     er rechtlich eine Bedürftigkeit vorschützt, die wirtschaftlich nicht besteht

     bzw. nicht bestehen müsste. Ein derart widersprüchliches Verhalten ist mit

    den guten Sitten ersichtlich nicht zu vereinbaren, es sei denn, es wäre im

    Einzelfall auch bei voller Würdigung  der Allgemeininteressen zu akzeptieren.

 

    Im Falle der beiden Brüder sah das OLG Hamm keine legitimen Interessen,

    die eine Ausnahme begründet hätten.

 

Bemerkung: Es ging in dieser Sache um zwei Dinge. Stütze sollte erschlichen

                    werden und ein Hilfloser beklaut.